Werksbahnen entlang der ehemaligen Frankfurter Lokalbahn AG

Von Andreas Christopher

Vereinigte Deutsche Metallwerke (VDM), Frankfurt-Heddernheim

Wichtigster Güterkunde der FLAG war das Heddernheimer Kupferwerk, dessen umfangreiche Anschlußbahn an der Haltestelle Wiesenau abzweigte.

Hervorgegangen war das Werk aus einem Kupferhammer, den die aus Olpe stammenden Gebrüder Hesse 1853 in der am Urselbach gelegenen Kaltmühle einrichteten. Zwei Wasserräder setzten ein Walzwerk und zwei Schmiedehämmer in Bewegung. Das Werk vergrößerte sich rasch. Gefertigt wurden Kupferkessel (u.a. auch als geschmiedete Feuerbüchsen für Lokomotiven), Kupferbleche, -stangen und -drähte. Die Firma war in der Herstellung von Stromkabeln und isolierten Drähten führend. Zur Internationalen elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt anno 1891 stellte die Fabrik kostenlos 60 Tonnen Kupferdraht für die Fernleitung nach Lauffen am Neckar zur Verfügung.

Ab dem Jahre 1893 firmierte das Werk als „Heddernheimer Kupferwerke vormals F. A. Hesse Söhne AG". 1896 wurde in Gustavsburg ein Drahtwerk gegründet und ab 1909 mit den Süddeutschen Kabelwerken in Mannheim zusammengearbeitet. In der Weltwirtschaftskrise entstand 1930 unter Mitwirkung der Metallgesellschaft in Frankfurt die „Vereinigte Deutsche Metallwerke AG" mit der Hauptniederlassung in Heddernheim, zu der sechs Fabriken gehörten.

Nach dem Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zu 60 Prozent zerstörten Werksanlagen entwickelte sich neben der Verarbeitung von Schwer- und Leichtmetallen, vorwiegend Kupfer und Aluminium, die Kunststoffherstellung. Auch die Herstellung von Gesenkschmiedeteilen spielte eine wichtige Rolle.

Stagnierende Auftragslage und ständige Verluste führten zur Stillegung des Werkes zum 31. März 1982. Ungefähr 1500 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. Auf dem riesigen, im Dreieck zwischen den Lokalbahnstrecken nach Oberursel und Heddernheim gelegenen Werksareal entstanden Wohn- und Gewerbebetriebe, vorwiegend des Dienstleistungsbereiches.

Bereits mit der Eröffnung der FLAG-Strecke von Heddernheim nach Oberursel erhielt das Werk 1909 einen Gleisanschluß. Es hatte seitdem einen kontinuierlich hohen, umfangreichen Warenein- und Ausgang auf der Schiene. Im Jahre 1960 war das Gleisnetz etwa fünf Kilometer lang und es waren 23 Weichen verlegt. Seit 1922 gab es eine eigene elektrische Akkumulatorenlokomotive als Werkslok, die 1960 zur dieselelektrischen Lok umgebaut und zeitweise von einem ehemaligen amerikanischen Armee-LKW auf Schienen und ab 1970 von einer O&K-Diesellok unterstützt wurde.

Nach der Demontage des Werkes, wobei die Abbruchtransporte nur noch zu einem kleinen Teil über die Schiene erfolgten, endete der Güterverkehr auf der ehemaligen FLAG-Strecke zum Jahresende 1983. Den Stadtwerken Frankfurt kam die Werksstillegung sehr gelegen, da der Güterverkehr auf den mittlerweile als U-Bahn betriebenen Taunusbahnen den Taktverkehr störte und auch das Lichtraumprofil der Eisenbahn größer als das U-Bahn-Profil ist, so daß keine Hochbahnsteige errichtet werden konnten.

Lokliste

Bo-a  Trelenberg (?) /22  (el. SSW 1711) Akkulok, 1960 Umbau auf dieselelektrischen Antrieb,
                          2x26 kW, 24,8 t, 1982 an Museum Kiemele, Eschach, 00vh
B-dm  General Motors      12 t, ehemals US-Army, 1960 gebraucht gekauft und für
                          Schienenbetrieb umgebaut, + 1965
B-dh  O&K       26676/70  MB125N, 170 PS, 20 t, 1982 an Hans-Heinrich-Hütte, Langelsheim
 

Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD), Oberursel

Ein ebenfalls sehr bedeutender Güterkunde der FLAG war die Oberurseler Motorenfabrik. 1892 gründete der Ingenieur Wilhelm Seck das im Urselbachtal gelegene Werk. Gebaut wurden Gas-, Otto-, Glühkopf- und Dieselmotoren für Automobile, Lokomotiven und Flugzeuge, letztere in Zusammenarbeit mit einem französischen Unternehmen. Ab 1898 lautete der Firmenname „Motorenfabrik Oberursel AG".

Nachdem das Werk 1899 einen Bahnanschluß erhielt, nahm man zur Jahrhundertwende auch den Bau von Motorlokomotiven auf. Damit war Oberursel neben Deutz in Köln und Montania in Nordhausen einer der führenden Hersteller von Motorlokomotiven für Gruben-, Feld- und Anschlußbahnen.

Zum 6. Dezember 1921 ging die Motorenfabrik Oberursel AG eine Interessengemeinschaft mit der Gasmotorenfabrik Deutz AG ein. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Lokomotiven aus Oberursel auch über die Firma Deutz vertrieben, außerdem wurden einige der bei Deutz gefertigten Lokomotiven mit Oberursel-Motoren ausgestattet.

Zum 7. Oktober 1930 wurde die Motorenfabrik Oberursel AG in die Motorenfabrik Deutz AG eingegliedert. Nach der Übernahme wurde im Werk Oberursel vor allem an der Entwicklung neuer schnell laufender Flugzeugmotoren gearbeitet, während der Bau von Motorlokomotiven in Köln konzentriert wurde. Ab 1959 beschäftigte man sich auch mit der Entwicklung von Gasturbinentriebwerken. Der Name des Werkes wurde in KHD-Luftfahrtechnik GmbH, Oberursel, geändert. Im Zuge der Firmenkrise bei Deutz verkaufte man das Werk 1990 an die Bayerischen Motorenwerke AG (BMW).

Ein Großteil des Warenein- und -ausgangs erfolgte auch bei der Motorenfabrik Oberursel über die Schiene; das Anschlußgleis zweigte in Höhe der Haltestelle Motorenfabrik von der „Gebirgsbahn" zur Hohe Mark ab. Vermutlich wurden auf der Werksbahn mit den relativ kurzen Gleisen aber nie eigene Lokomotiven eingesetzt, zumindest ist hierüber nichts überliefert. Die Rangierbewegungen wurden durch Lokomotiven der FLAG durchgeführt. Am 27. Oktober 1981 verkehrte der letzte Güterzug zur Motorenfabrik, seitdem wird der gesamte Verkehr über die Straße abgewickelt.

 Rezension FLAG-Buch

Ergänzungen:
14.01.2002 Angaben zum Hersteller des mechan. Teils der VDM-Akkulok eingefügt, Info Christopher Wulfgramm

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